Donnerstag, 5. Mai 2016

Betr. Langenzenn

"Bild"-Zeitung, 21. Juli 1969
Gott ist gar kein Amerikaner

"O Gott, bewahre uns vor dem Antiamerikanismus der 68er!", schreibt Michael Novosad aus Langenzenn in einem Leserbrief, der in der Mai-Ausgabe des "Cicero" veröffentlicht wird. Einmal abgesehen davon, dass Gott verlässlichen Quellen zufolge gar kein Amerikaner ist, sondern Franzose, sei diesem Fürther Landkreis-Bewohner gesagt, dass "wir" gar keine Antiamerikaner waren. "Wir" waren gegen den Vietnam-Krieg! 

Wenn die Stadt Langenzenn damit wirbt, dass sie für den nördlichen Landkreis Fürth wegen ihrer weiterführenden Schulen von großer Bedeutung ist, dann möchte ich nicht wissen, wie sich ein Leserbriefschreiber aus dem südlichen Landkreis Fürth ohne weiterführende Schulen über "die 68er" äußern würde. 

Der Versuch, eine ganze Generation in eine Schublade zu stecken, ist bei keiner Generation so oft versucht worden wie bei "den 68ern", und zwar stets mit negativem Erfolg für eine negative Darstellung von jungen Leuten, denen Petting lieber war als Pershings. Stöhnen auf der Parkbank fanden viele von uns besser als Stöhnen auf dem Schlachtfeld.

Irgendwann mussten auch immer mehr Heranwachsende einsehen, dass die bis dahin so hoch gelobte Heirat einer Jungfrau immer unmöglicher wurde, weil die Jungfrauen entweder in einer anderen Stadt wohnten oder gerade mit einem Altersgenossen per Einführung gewisse körperliche Veränderungen herbeiführten, die eine solche Heirat für alle Zeiten ausschlossen.

Viele Landwirte haben damals übrigens Demos abgelehnt, nicht, weil "wir" ihre Felder bevögelten, sondern weil "die 68er" nach ihrer Auffassung in die DDR gehörten, wo "wir" schneller in einem Gefängnis gelandet wären als seinerzeit in der BRD ehemalige SS-Mörder. 

Aber immerhin: Heutzutage demonstrieren auch immer mehr Landwirte.

Also merken: Der Mond mag Ami sein, Gott ist es nicht.  

  

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